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Alexander Dobrindt: Datenschützer warnen vor Zweckentfremdung des Maut-Systems

Gepostet am Nov 3, 2014

Ob die Pkw-Maut bezahlt ist, will Verkehrsminister Dobrindt über die Autokennzeichen kontrollieren. Theoretisch könnten so auch Bewegungsprofile erstellt werden.

Datenschützer warnt vor Lücken im Maut-System

Pkws auf der Autobahn (die A2 in Niedersachsen)  |  © Julian Stratenschulte/dpa

Die Zahlung der Maut für Lkw kontrolliert das Unternehmen Toll Collect bereits, indem es die Fahrzeuge an Mautbrücken erfasst, die sich über die Fahrbahn spannen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt plant ähnliches nun auch für Pkws, die er ab 2016 ins Mautsystem einbeziehen will. Über das Kennzeichen soll das Bundesamt für Güterverkehr feststellen können, ob die Maut für einen Pkw entrichtet ist oder nicht. Dazu gleicht es die Autonummer mit dem sogenannten Infrastrukturabgaberegister ab, in dem das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg alle Mautzahler erfasst. 

Das besorgt die Datenschützer. Sie fürchten, dass in dem Mautkontrollsystem Bewegungsprofile von Autofahrern entstehen. Und dass Behörden diese auch für andere Zwecke nutzen könnten, als Mautpreller dingfest zu machen. „Besser wäre es, auf Techniken zu verzichten, die solche Gefahren für den Datenschutz hervorrufen“, sagte der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte Edgar Wagner. Zwar verstoße die Erfassung von Nummernschildern aus Sicht von Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich nicht gegen den Datenschutz. Allerdings ermögliche das Pkw-Mautsystem eine lückenlose Erfassung aller Verkehrsteilnehmer ? und eine Löschung der Daten könnte technisch auch einfach unterbleiben, warnte Wagner.

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Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff kündigte in der Rheinischen Post an, sie werde „mindestens die hohen datenschutzrechtlichen Standards der Lkw-Maut einfordern“. Das betreffe insbesondere die „strenge Zweckbindung und die Pflicht zur unverzüglichen Löschung“. Grünen-Parteichef Cem Özdemir warnte den CSU-Minister: „Einen gläsernen Pkw-Fahrer darf es nicht geben.“ Unklar ist zudem, warum die Kontrolle der inländischen Mautzahlungen auch über die Kennzeichen erfolgen soll. Denn diese Beträge soll ja das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg über ein zentrales Register eintreiben. 

Im Lkw-Mautgesetz ist festgelegt, dass Toll Collect die erfassten Mautdaten nicht weitergeben darf ? auch nicht zur Ermittlung von Schwerverbrechern, wie es Dobrindts Amtsvorgänger Hans-Peter Friedrich vor einiger Zeit angeregt hatte. Das Ministerium spricht von einer „außerordentlich restriktiven Regelung“. Der Gesetzesentwurf für die Pkw-Maut sieht vor, dass die an den Straßen erfassten Daten nach der Mautzahlungsprüfung sofort wieder gelöscht werden, sofern die Maut bezahlt ist. Solange das sichergestellt ist, können auch keine Bewegungsprofile von Autofahrern entstehen. Nur wenn jemand die Maut noch nicht bezahlt hat, sollen die Daten vorübergehend im Speicher bleiben und ein Bußgeldbescheid verschickt werden.    

Dobrindts Maut-Entwurf

Die Maut soll für alle Autos und Wohnmobile bis 3,5 Tonnen Gewicht auf Autobahnen erhoben werden. Inländische Fahrzeughalter werden unter dem Strich nicht belastet, weil sie die Mautgebühr erstattet bekommen.

Arten

Es wird eine Maut für drei verschiedene Geltungszeiträume geben: für zehn Tage, für zwei Monate und für ein ganzes Jahr. Deutsche Fahrzeughalter erhalten automatisch eine Jahresmaut, deren Kosten sich an Hubraum und Schadstoffausstoß bemessen und maximal 130 Euro betragen soll. Inländer erhalten die Ausgaben bei der Kfz-Steuer zurück. Die Zehn-Tages-Maut auf Autobahnen für Ausländer soll zehn Euro kosten, für zwei Monate sind 22 Euro fällig. Diese beiden Mautvarianten können über das Internet oder an Tankstellen beglichen werden.

Kontrolle

Die Gebührenzahlung wird mit dem Kfz-Kennzeichen verbunden. Das Bundesamt für Güterkraftverkehr soll über fest installierte oder mobile Geräte die Kennzeichen erfassen und überprüfen, ob für das Fahrzeug die Maut gezahlt wurde oder nicht. Das Verfahren ähnelt dem der Lkw-Maut. Eine Vignette wie in der Schweiz oder Österreich soll es also nicht geben.

Ab wann?

Dobrindt hatte die Mauteinführung bislang für den 1. Januar 2016 angekündigt. Das ließ er nun offen und verwies auf die Hoheit des Bundestages. In Eckpunkten des Ministeriums heißt es, dass die „technische Implementierung“ für 2015 und 2016 vorgesehen ist, die Abgabe aber noch „in 2016“ finanzwirksam werden soll. Dies könnte nun aber auch im November 2016 sein, also fast ein Jahr später.

Erlös?

Ursprünglich sollten nach Abzug der Kosten 600 Millionen Euro fließen, von den Maut zahlenden Ausländern. Durch die Beschränkung auf Autobahnen reduziert sich dies nun. Obwohl die Verwaltungskosten nun ebenfalls niedriger als im Sommer angesetzt wurden, sollen unterm Strich noch 500 Millionen Euro stehen. Sie sind zusätzlich für den Straßenbau vorgesehen.

Dobrindt wies die Bedenken der Kritiker zurück. „Wir haben die härtestmöglichen Datenschutzregeln in unser Gesetz aufgenommen, die wir in Deutschland kennen“, sagte er der Bild-Zeitung. Deshalb müsse kein Bürger die Sorge haben, „dass jetzt irgendwo Profile gespeichert werden könnten“. Im Hinblick auf eine mögliche Doppelnutzung der Daten ergänzte er: „Ich garantiere: Eine Weitergabe an andere Behörden findet nicht statt.“ 

Der von Dobrindt am Donnerstag präsentierte Plan sieht vor, dass Autofahrer für Fahrzeuge aus dem Ausland online oder an Tankstellen die Maut für ihr Auto entrichten. Dabei geben sie auch das Kennzeichen an. Inländische Fahrzeughalter erhalten per Post jährlich einen Zahlungsbescheid aus Flensburg, der sich nach Hubraum und Schadstoffklasse richtet. Zugleich senkt die Finanzbehörde die Kfz-Steuer um den entsprechenden Betrag, sodass deutsche Autofahrer nicht mehr zahlen müssen ? ein Versprechen der Union aus dem Koalitionsvertrag. Vignetten zu kleben ist nicht mehr notwendig.

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