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SXSW: Instagrams oberster Tierschützer

Gepostet am Mrz 20, 2016

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  1. Seite 1 ? Instagrams oberster Tierschützer
  2. Seite 2 ? Instagram mobilisiert die Menschen

Joel Sartore benötigt ungefähr eine Minute, um die Besucher des South by Southwest Festival (SXSW) in Austin für sich zu gewinnen. Der Konferenzsaal ist praktisch voll, aber vor der Tür stehen noch zahlreiche Menschen. „Lasst sie rein, alle rein, hier muss doch niemand draußen bleiben, ist doch noch genug Platz. Hebt doch mal die Hände, wenn neben Euch noch was frei ist“, kommandiert Sartore unter dem Applaus der Anwesenden und den nervösen Blicken der freiwilligen Helfer an der Tür. Sofort wird klar: Der 53-Jährige ist jemand, der die Dinge gern am Schopf packt.

Sartore ist kein App-Entwickler, kein Start-up-Gründer, kein ranghoher Manager, Visionär oder Journalist. Er ist freiberuflicher Natur- und Tierfotograf und vor allem für seine Zusammenarbeit mit National Geographic bekannt. Dass er auf einem Technikfestival wie dem SXSW trotzdem problemlos einen Saal füllt, liegt sowohl an seinen Bildern als auch an einer Plattform namens Instagram. Treffen beide zusammen, entsteht etwas, das Millionen Menschen begeistert und im besten Fall auch Wirkung zeigt.

Artenschutz als Lebenswerk

Photo Ark heißt das Projekt, an dem Sartore seit zehn Jahren arbeitet. Die Idee dahinter ist ebenso ambitioniert wie simpel: Sartore möchte alle Tierarten in den Zoos weltweit fotografieren. Inzwischen hat er ungefähr 5.500 von geschätzt 12.000 Tieren in Gefangenschaft abgelichtet, darunter Schildkröten und Laubfrösche, von denen es nur noch ein einziges Exemplar weltweit gibt. Und da er nebenbei auch noch andere Aufträge hat, schätzt er, dass er noch einmal mindestens zehn bis 13 Jahre benötigt, um das Projekt zu beenden. „Man muss sein Leben einer Sache widmen“, sagt Sartore, „ich möchte am Ende in den Spiegel gucken und sagen, dass ich etwas getan habe.“

Man nimmt ihm diese Kalendersprüche locker ab. Wenn Sartore von seiner Arbeit als Fotograf erzählt, dann spricht er schnell, mitreißend, leidenschaftlich. Rund um die Welt habe ihn seine Arbeit verschlagen, sagt er, und zeigt dabei Bilder von Moskitos in Alaska, von Koalas in Australien und Nashörnern in Afrika. Aber wohin er auch ging, überall sei ihm bewusst geworden, wie fragil die Welt ist und wie schnell Geschöpfe durch den Einfluss der Menschen verschwinden, die Millionen Jahre lang unseren Planeten bevölkerten. Wir befinden uns, da sind sich Wissenschaftler einig, mitten in einem großen Artensterben.

Fotografen alleine können die Tiere nicht retten, aber verewigen. Deshalb Photo Ark, eine Arche mit Bildern von Tieren, die möglicherweise schon bald nicht mehr existieren. Das erklärt, weshalb Sartore sich auf Zoos konzentriert. Zum einen kommen viele Arten in der freien Wildbahn viel zu selten vor, um sie einfach vor die Linse zu bekommen. Zum anderen seien viele Gattungen, darunter Vögel, Muscheln und Schnecken, noch nie wirklich gut porträtiert worden, sagt Sartore: „Kaum jemand interessiert sich wirklich für Mäuse oder Schnecken. Ein Koala ist eben niedlicher als ein Frosch.“

Schimpansen sind schwierige Gesellen

Vor seiner Linse sind sie alle gleich. Für Photo Ark nutzt Sartore stets die gleiche Ästhetik, er fotografiert alle Tiere vor bevorzugt schwarzen oder weißen Hintergründen, was zu eindrücklichen Porträtaufnahmen führt. „Der schwarze Hintergrund ist ein fantastischer Gleichmacher, er sorgt dafür, dass jede Tierart die gleiche Aufmerksamkeit bekommt, die sie verdient.“

Die Porträts entstehen in möglichst kurzer Zeit, da die Tiere nicht zu großem Stress ausgesetzt werden sollen. Trotzdem geht für die Vorbereitung des Shootings schnell ein ganzer Tag drauf. Und nicht alle Tiere kooperieren, wie ein Video zeigt, in dem ein Schimpanse die zuvor mühevoll hergerichtete Fotobox innerhalb weniger Sekunden zerstört. Auch deshalb bevorzuge er eher die kleineren Viecher wie Nacktmulle, sagt Sartore unter dem Gelächter des Publikums in Austin.

Bei Photo Ark geht es aber nicht bloß um Sartores persönliches Lebenswerk und um Dokumentation. In erster Linie soll das Projekt die Menschen begeistern und aufrütteln. „Es darf kein Archiv von Dingen sein, die wir verloren haben“, sagt Sartore nachdrücklich und lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass hinter dem Fotografen auch ein leidenschaftlicher Artenschützer steckt.

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