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Voice-Messaging: Es muss ja nicht gleich ein Telefonat sein

Gepostet am Sep 27, 2014

Apps wie Snapchat und Twitter gibt es auch mit Stimme: ChitChat, Voxer und Cord sind für Menschen gedacht, denen Telefonieren mit dem Smartphone zu weit geht.

ChitChat

ChitChat-Nachrichten zerstören sich selbst.  |  © Screenshot boldeconomy.com

Ich mag klassische Anrufe. Sie sind direkt, menschlich und verhindern Missverständnisse. In den USA ist das Telefonat auch wieder auf dem Vormarsch. Dort ist im vergangenen Jahr nach langem das Volumen der Anrufe wieder gestiegen, um vierzehn Prozent. Einige Apps unterstützen den Trend und wollen die Stimme zurück aufs Handy bringen: Als kurze, leicht verdauliche Nachrichten mit persönlichem Touch. Drei Voice-Message-Apps habe ich mir aufs iPhone geladen, um zu sehen, ob sie das können. Schon mal vorab: So intuitiv wie ein Telefon-Anruf sind sie alle nicht.

ChitChat für iPhone soll ein „kostenloses internationales Walkie-Talkie“ sein. Die App löscht Sprachnachrichten, nachdem ich sie gehört habe (mehrmals möglich). Das spart Speicherplatz, aber die Information ist danach weg (was sollte ich nochmal einkaufen?). Ob eine Nachricht verschickt wurde kann ich nicht erkennen. Um andere zu kontaktieren möchte die App meine Nummer und Zugriff auf meine gespeicherten Kontakte, verspricht aber diese nicht auf ihre Server zu laden. Ob meine Freunde ChitChat benutzen, sagt mir die App dann aber doch nicht. Es ist, als wüsste ich nicht, wer auf welchem Kanal funkt.

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„One tap chat“ (einmal antippen und chatten) verspricht ein Projekt namens Cord, ins Leben gerufen von zwei Ex-Google-Mitarbeitern. Die App für iPhone ist neu auf dem Markt und hat gerade zwei Millionen Dollar bei Investoren als Startkapital eingesammelt. Eine Android-Version ist geplant. Mit einem Zeitlimit der Nachrichten von zwölf Sekunden ist die App nichts für Quasselstrippen, eher eine Art Audio-Twitter. Ich kann aber mehrere Nachrichten nacheinander schicken. Cord reicht meine Telefonnummer aus, Zugriff auf meine Kontakte muss ich nicht geben. Das überzeugt Freiwillige eher dazu, mit mir die App zu testen.

Cord

Cord: Jede Nachricht eine Blase  |  © Screenshot boldeconomy.com

Voxer ? „Instant Voice. Anytime. Anywhere.“ für iPhone, Android und Windows Phone will Sprachnachrichten sofort liefern, „jederzeit“ und „überall“ und erinnert eher an klassische Messenger für schriftliche Nachrichten. Die App kann auch Text und Bilder senden und sortiert diese in einer Konversation untereinander. Die Walkie-Talkie-Funktion, bei der Nachrichten direkt bei Ankunft automatisch abgespielt werden, gibt es nur in der Pro-Version. Die kostet monatlich 2,99 Dollar oder man schliesst ein Jahres-Abo ab. Den Zwang die Nachricht sofort zu hören wenn sie kommt, möchte ich im Alltag aber weder mir noch meinen Freunden antun. Als einzige App zeigt Voxer mir nach Zugriff auf meine Kontakte, wer schon Voxer nutzt. Davon kenne ich aber nur eine Person (folgt die mir nicht auf Twitter?). Angemeldet habe ich mich mit meiner E-Mail-Adresse und nicht der Telefonnummer, was irgendwie altmodisch wirkt.

Ich vertiefe mich in Cord. Es will keinen Zugriff auf Kontakte und ist damit gut geeignet für datenscheue Freunde. Auch die Anordnung der Konversationen weckt meine Neugier. Es gibt keine Chat-Fenster oder Listen, sondern jeder Gesprächspartner bekommt eine kleine Abspielstation mit Bild. Mein erster Kontakt, eine Katze (juchuu, Internetwelt), hat mir mit tiefer Männerstimme eine freundliche Willkommens-Nachricht aufgesprochen. Hinter der Katze steckt das Entwickler-Team der App. Es dauert, bis ich die Navigation verstehe (achso, wirklich nur „ein tap“) und die Nachricht hören und beantworten kann. Meine eingesprochene Frage, ob ich Töne auch weiterleiten kann, beantwortet die Männerstimme nach zehn Minuten. Ich bin beeindruckt: „Derzeit nicht, aber vielleicht in der Zukunft.“ (In meinem Kopf habe ich den Mitarbeiter „Siro“ getauft.)

Kaffeezeit. Erst als die Kollegin schon unterwegs ist, bekomme ich Lust auf einen Tee. Sprechen ist schneller als Tippen, also schicke ich eine Cord-Nachricht. Die Stimme transportiert auch gleich noch die Dringlichkeit der Bitte. Für solche kurze Absprachen scheint die App ideal. Ob ich überzeugend war, erfahre ich erst, als sie ohne Tee wiederkommt. „Nachricht? Ach, hier. Sorry, nicht gesehen.“ Der größte Minuspunkt für Telefonier-Gegner ? die synchrone Interaktion ? ist eben auch der größte Pluspunkt.

Voxer

Voxer ähnelt klassischen Messengern.  |  © Screenshot boldeconomy.com

Anfangs nutze ich Cord wie einen Mini-Anrufbeantworter. Ich gewöhne mich dran, schicke schnell auch persönliche Nachrichten mit meinen Liebsten. Das hat auch Schattenseiten. Für Büro oder U-Bahn eignet sich eben nicht jede Unterhaltung. Auch der Gesprächsstil gleicht nun eher einem geschriebenen Chat oder einer Unterhaltung per Funkgerät.

Voxer unterstützt das Walkie-Talkie-Gefühl noch durch den typischen Sound. Hier kann ich in der U-Bahn auch Text oder Bilder schicken („jederzeit, überall“) und weiß direkt, ob meine Nachricht gesendet und gelesen oder gehört wurde. Ich kann alle Nachrichten per Mail, SMS oder Social Media teilen. Statt mich nach 12 Sekunden zu stoppen, kann ich hier aufnehmen, bis mein Finger müde wird.

Die drei Apps erlauben Telefonfans und Anrufhassern, sich in der Mitte zu treffen. Zwar sind „herkömmliche Anrufe“ einfacher zu verarbeiten und doch ist die chatartige Kommunikation persönlich und trägt Emotionen besser als Smileys und Buchstabenkürzel (BTW). Ich haben meinen Favoriten in Voxer gefunden, weil es Telefonieren noch am nächsten kommt. Netz-Puristen könnten Cord wegen seiner modernen Optik, dem Web-Feeling (Miau!) und dem Zeitlimit bevorzugen.

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