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Cryptomessenger: Wie ich die Digitalisierung meiner Familie verpasste

Gepostet am Dez 28, 2015

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Weihnachten, Familienfeier, Urlaub ? für viele ITler bedeutet der Kontakt mit der Familie vor allem eines: Geräte patchen, Drucker installieren und bei der Herduhr die Zeitumstellung nachholen. Und Mamas Fragen beantworten. „Briefe sind doch viel schöner, wozu brauche ich einen Computer?“ Oder „Wie finde ich etwas in diesem Internet?“ Aber in diesem Jahr hat sich meine Familie ausgerechnet zu Weihnachten von liebgewordenen Traditionen verabschiedet. Sie, die bislang kaum PCs genutzt haben, sind plötzlich digital. Und ich, der Nerd, bin der Nichtauskenner.

Was ist passiert? Smartphones sind passiert. Meine Mutter sitzt im Sessel, das Smartphone in der Hand, und sagt mit großer Selbstverständlichkeit Sätze wie: „Deine Schwester hat ihre Whatsapp-Nachricht noch gar nicht gelesen“. Einen Computer hat sie nie benutzt, die beiden haben nie so richtig zusammengepasst. Aber sie hat den Schritt gewagt und sich ein Smartphone angeschafft ? und sie sind best friends forever. Meine Schwester hat auch bis vor kurzem nicht mal gewusst, was ein Messenger ist. Und jetzt: „Ich habe ihr vorhin schon geschrieben, aber sie hat die Nachricht noch nicht gelesen, das kann ich hier sehen“, sagt meine Mutter. „Ach, wenn du grad hier bist ? ich habe noch süße Babybilder aus der Verwandtschaft bekommen, per Mail“. What???

Dass ich überhaupt nicht mitbekommen habe, wie sich meine gesamte Verwandtschaft nach und nach zu einem digitalen Insiderkreis zusammengeschlossen hat, der mich ausschloss, ist die Schuld von Whatsapp. Und die meines Berufs. In meinem professionellen Bekanntenkreis ist die Nutzung von Whatsapp verpönt ? Datenkrake, Telefonbuchkopie und so weiter. Und das, obwohl zumindest die Android-Version des Dienstes eines der besten derzeit bekannten Verschlüsselungsprotokolle für Instant Messaging verwendet: Axolotl-Ratchet.

Meine Familie hat mich bei Whatsapp abgehängt

Ich benutze Threema, Signal und andere Messenger. Aber für meine Familie wie für viele andere war Whatsapp der benutzerfreundliche Einstieg in die digitale Kommunikation. Über die Anschlussfähigkeit müssen sie sich keine Gedanken machen ? das Netzwerk ist schon da. Hauke nicht, aber was soll’s. Sieben Crypto-Messenger auf dem Smartphone ? und trotzdem kein Anschluss unter dieser Nummer!

Dabei würden sich meine Cryptomessenger für solche Gruppen natürlich auch überwiegend eignen. Aber wir müssten uns alle auf einen einigen, denn kompatibel ist die Technik ja nicht. Nur: Meine Familie hat sich ja schon geeinigt, die wird kaum wechseln wollen.

In der falschen Blase

Irgendwie ironisch. Erst vergangene Woche habe ich meine Termine für den diesjährigen Hackerkongress 32C3 gemacht. Es geht dort um „Gated Communitys“, also darum, wie die verschiedenen Communitys in der Branche immer wieder den Austausch verschiedener Gruppen untereinander verhindern ? und die Monopole vieler Hersteller fördern. Hallo, ich melde mich als Beispiel: Security-Bubble versus Familienblase!

Wie in vielen Familien hat Whatsapp auch in meiner die Kommunikationskultur verändert. Die Familiengruppe ermöglicht den unkomplizierten Austausch über Alltägliches, Banales oder Ernstes ? Dinge, die mir nun entgehen. „Aber das habe ich dir doch erzählt!“ Nein Mutter, das hast du dann wohl in den Chat geschrieben.

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