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Das Internet der Dinge auf der Bosch ConnectedWorld 2016

Gepostet am Mrz 26, 2016

Neben Interpretationen der Schlagworte Offenheit, Sicherheit und Privatsphäre demonstrierte die dritte Bosch ConnectedWorld vor allem, was das Internet der Dinge für traditionelle Branchen bereit hält — und wie komplex der Begriff des „Dings“ tatsächlich ist.

Anfang März lud Bosch Software Innovations Geschäftspartner und IoT-Interessierte zu seiner Hauskonferenz ConnectedWorld nach Berlin ein, um sich über die Geschäftsmodelle und Innovationsmöglichkeiten des Internets der Dinge auszutauschen sowie Neues präsentieren zu können. So ließ die größte Ankündigung der beiden Tage auch nicht lange auf sich warten: Schon in der ersten Keynote lancierte Geschäftsführer Volkmar Denner die Bosch IoT Cloud, die von da an neben Themen wie Open Source beziehungsweise Kooperation, Sicherheit und die Rolle der Endanwender durch die Veranstaltung zog.

Das Cloud-Angebot sei laut Denner die letzte Komponente, die in dem bis dahin aus Sensoren, Software und Diensten bestehenden Portfolio noch gefehlt hätte. Partner könnten auf die Weise alle für sie nötigen Elemente aus einer Hand beziehen und auch das Unternehmen selbst müsse so nicht auf externe Angebote zurückgreifen. Bosch startet das Projekt mit einem Data Center in der Nähe von Stuttgart und plant zusätzliche Zentren in den USA und Singapur. Die Cloud soll zunächst nur Partnerunternehmen für bestehende Projekte zur Verfügung stehen, Kooperationen mit neuen Unternehmen sieht man frühstens 2017. Als Unterscheidungsmerkmal zu anderen Cloud-Anbietern führt Bosch unter anderem sein Fachwissen im Umgang mit Industriedaten, seine Reputation und die verschiedenen Deployment-Optionen (full, private und hybrid Cloud) ins Feld.

Im Rahmen der Präsentation ging Denner zudem auf für das Internet der Dinge typische Entwurfsmuster ein. Neben Apps, die auf die Cloud zugreifen, sind gerätespezifische Anwendungen, verteilte Applikationen, soziale Modelle und der sogenannte Digital Twin in diesem Geschäftsfeld wichtig. Beispiele für die letzten beiden Muster wären zum einen ein durch eine Community gespeistes System zur Parkplatzsuche und zum anderen ein digitales Modell eines Autos. Durch dessen zentrale Lagerung, etwa in der Cloud, ließen sich beispielsweise Simulationen durchführen, ohne direkten Zugriff auf das Fahrzeug zu haben, was sich unter anderem in Großprojekten mit mehreren Partnern anböte.


Kooperation ist ein zentraler Punkt eines jeglichen IoT-Projekts, wie eine Reihe von Praxisberichten auf der ConnectedWorld einmal mehr deutlich machten. Vergrößern
Doch nicht nur im regulären Tagesgeschäft wird die Zusammenarbeit in Zukunft immer wichtiger. Eine Vielzahl der im IoT verwendeten Protokolle, Standards und Komponenten entsteht derzeit durch offene Kooperation in Open-Source-Projekten. An dieser Stelle, und auch das ist im Rahmen der ConnectedWorld immer wieder Thema, gilt es in den traditionellen Branchen umzudenken. Man dürfe nicht aus Angst solchen Runden fernbleiben, vielmehr sei ein reger Austausch gefragt, um Chancen zu erkennen und Partner für die Umsetzung neuer Geschäftsmodelle zu finden. Die Komplexität der vernetzten Produkte benötige viel Spezialwissen, weshalb kaum ein Unternehmen in der Lage sei, allein im Internet der Dinge erfolgreich zu sein. Zwar sieht man durch die Vielzahl der von IoT-Produkten genutzten Kommunikationsprotokolle, dass Unternehmen eine Einzelkämpferrolle annehmen können, letztlich sollte jedoch immer der Endkunde im Mittelpunkt stehen. Ihm ist nicht gedient, wenn er sich für den Einsatz von zehn „schlauen“ Produkten mit zehn Bedienoberflächen oder gar zehn neuen Techniken auseinandersetzen muss, da das schnell zu Verdruss führt und dem Erfolg des gesamten Wirtschaftszweigs nicht zuträglich ist.

Langlebigkeit statt Wegwerfkultur

Aus Sicht des Salesforce.com-Vizepräsidenten Peter Coffee sei daher das Ziel, Produkte zu entwickeln, die sich nicht von Magie unterscheiden ließen. In seiner Keynote bemühte sich Coffee, die Begrifflichkeiten und den gesellschaftlichen Nutzen des IoT etwas genauer zu klären. Sobald man Produkte um eine Verbindung zum Internet erweitere, würden sie zu einem Dienst. Dadurch ergäbe sich für Anbieter die Chance, ihre Geräte von der Anmutung eines Verbrauchsgegenstands der Wegwerfgesellschaft zu befreien. Durch Fernwartungsfunktionen und Over-the-air-Updates würde es sich für Nutzer wieder lohnen, länger an ihren Investitionen festzuhalten. Es würde sich so immer häufiger die Frage stellen, welche Produkte es dringend selbst zu besitzen gelte und welche sich auf andere Weise nutzen ließen. Durch diese Neuorientierung würden sich eine Reihe neuer Betätigungsfelder erschließen.

Verwirrend sei aus industrieller Sicht die Bezeichnung des Dings, da damit alles von der Fabrik bis zur Glühbirne bezeichnet würde und sich überall andere Schwierigkeiten bei der Digitalisierung ergäben. Bei jedem Produkt seien Faktoren wie die Abstände zwischen den Updates, die Genauigkeit nötiger Messungen und die Komplexität neu zu betrachten. Wie auch an anderer Stelle mit Nachdruck wiederholt wurde, komme es darauf an, den eigenen Anwendungsfall sorgsam zu analysieren und nicht fremde Ansätze zu kopieren.

Dass Daten einer der wichtigen Motoren im Bereich Industrie 4.0 und IoT sind, wurde unter anderem am zweiten Tag der ConnectedWorld deutlich. Laut Cloudera CSO Mike Olson steht das IoT auch deshalb noch am Anfang, weil die Datenanalysefähigkeiten noch lang nicht voll ausgereift sind. Derzeit kämen weniger als ein Prozent der gesammelten Daten zum Einsatz. Sein Rat für Unternehmen, die über eine Verdienstmöglichkeit im IoT nachdächten, sei einfach zu überlegen, welche Daten ihnen zur Verfügung stünden, deren Nutzen zu analysieren und sofort mit einem Projekt zu beginnen. Bevor das jedoch möglich ist, bleiben in der Praxis einige Hürden zu nehmen, wie etwa in einem Vortrag über Cloud Use-cases deutlich wurde. Bisher herrsche etwa, was Datensicherheit anginge, immer noch das Bild der schützenden Burg. Um die Möglichkeiten der vernetzten Welt richtig ausschöpfen zu können, wäre es statt dessen sinnvoller, einen Ansatz zu verfolgen, der sich eher an einem Flughafen orientiert, also Zu- und Abgänge erlaube, diese allerdings zu sichern und zu kontrollieren.

Umdenken ist also eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg in der vernetzten Welt, wenn es um die klassischen Branchen geht. Spätestens auf der nächsten ConnectedWorld wird man besser erkennen können, wer die Herausforderung auf lange Sicht meistern kann. (jul)

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