Die Ausspähung sozialer Netzwerke ist dem Innenministerium zufolge kein Eingriff in die Privatsphäre. Es gehe nicht um Einzelne, sondern politische Tendenzen.

Ein Facebook-Logo im Datencenter des US-Konzerns in Schweden.

Ein Facebook-Logo im Datencenter des US-Konzerns in Schweden.  |  © Jonathan Nackstrand/AFP/Getty Images

Das Bundesinnenministerium hat die von Bundesnachrichtendienst (BND) und Bundeswehr geplante Überwachung sozialer Netzwerke wie Twitter und Facebook als Grundrechtskonform verteidigt. „Es liegt kein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor, wenn eine staatliche Stelle im Internet verfügbare Kommunikationsinhalte erhebt, die sich an jedermann oder zumindest an einen nicht weiter eingrenzbaren Personenkreis richten“, schrieb Innenstaatssekretär Ole Schröder an den Linke-Politiker Andrej Hunko. Es finde daher kein Eingriff in das vom Grundgesetz in Artikel 10 geschützte Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis statt.

Bei Spiegel Online warnte Hunko vor der Datensammlung. „Wenn eine Verfolgungsbehörde Daten über eine bestimmte Person zusammenträgt, braucht es dazu eigentlich einen richterlichen Beschluss“, zitierte die Nachrichtenseite den Bundestagsabgeordneten. Werde dies von Geheimdiensten und Militärs nach Gutdünken praktiziert, gehe „das Vertrauen in die Privatsphäre der digitalen Kommunikation vollends verloren“. Linke und Grüne lehnen die Überwachung sozialer Netzwerke ab, die Linkspartei ist sogar für die Abschaffung der Nachrichtendienste.

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Nach Angaben des Innenministeriums soll das Fraunhofer-Institut bis 2016 erforschen, welche Technologien zur IT-gestützten Nachrichtengewinnung aus offenen Quellen für die Bundeswehr nutzbar sind. Damit solle in den Einsatz- und Interessengebieten der Bundeswehr eine „belastbare Erfassung von Meinungs- und Stimmungslagen der Bevölkerung“ ermöglicht werden. Bei solchen ? Leserbriefen vergleichbaren ? öffentlich zugänglichen Meinungsäußerungen könnten die Nutzer keinen Anspruch auf Wahrung der Privatsphäre anmelden. Zudem sei der einzelne Nutzer für die Bundeswehr nicht von Interesse. 

Behörden wollen Krisen im Ausland früher erkennen

Auch die vom deutschen Auslandsnachrichtendienst BND geplante Echtzeitanalyse sozialer Netzwerke beziehe sich nicht auf einzelne Personen. Vielmehr sollten in den Streamingdaten von Social-Media-Plattformen mit statistischen Verfahren Trends und Auffälligkeiten erkannt werden. Ziel sei es, krisenhafte Entwicklungen im Ausland und nicht in Deutschland rechtzeitig zu erkennen.

Der BND will bei dem Projekt, das noch im Forschungsstadium steckt, nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa keine Daten speichern, sondern den laufenden Datenfluss beobachten. Hintergrund der Bemühungen sind die Entwicklungen des sogenannten Arabischen Frühlings. Westliche Geheimdienste und auch der BND hatten die revolutionären Entwicklungen in mehreren arabischen Ländern nicht kommen sehen. Mit der Beobachtung sozialer Netzwerke erhofft sich der BND nun, solche Entwicklungen im Ausland künftig früher zu erkennen.