Edward Snowden, William Binney, Annie Machon und andere Whistleblower deckten gegen alle Widerstände Skandale auf. Hier sprechen sie über ihre Motive.
Eine amerikanische Spitzenmanagerin, eine deutsche Tierärztin, ein dänischer Geheimdienstler: Sie und fünf andere Whistleblower kommen hier zu Wort. Sie alle haben an ihrem Arbeitsplatz etwas gesehen, das sie nicht für sich behalten wollten: Bestechung, Vertuschung, illegale Überwachung. Zu wem sollten sie sich loyal verhalten: zu ihrem Arbeitgeber oder zur Gesellschaft? Sie folgten ihrem Gewissen und entschieden sich für den unbequemeren Weg.
In Deutschland ist es politisch umstritten, ob das Arbeitsrecht in solchen Fällen eindeutig genug ist und Gewissensentscheidungen schützt; juristischen Experten gilt die Rechtsprechung als unberechenbar. Genauer sind da schon die Sonderregeln für Beamte, Soldaten oder Mitarbeiter von Kreditinstituten, aber auch sie lösen nicht jeden Gewissenskonflikt.
Die Antikorruptionsorganisation Transparency International empfiehlt Whistleblowern, Missstände im Zweifel zunächst einer internen Stelle zu melden. Erst wenn sich nichts an den Zuständen ändert, solle man sich an eine Aufsichtsbehörde oder die Medien wenden.
Doch das ist leichter gesagt als getan. Wer Missstände aufdeckt, geht Risiken ein. In Deutschland hat daher eine Diskussion über besseren Schutz für Whistleblower begonnen. Einige Landeskriminalämter, Städte und große Firmen beschäftigen mittlerweile externe Anwälte als Ansprechpartner für Mitarbeiter, die einen Missstand melden wollen; andere haben Internetadressen für anonyme Hinweise eingerichtet. Die vorige Bundesregierung hatte 2010 überdies angekündigt, Whistleblower mit eindeutigen Regeln gesetzlich zu schützen ? bislang ohne Ergebnis.
Die nationale Steuerbehörde der Vereinigten Staaten vergibt Prämien an Whistleblower, deren Hinweise zur Aufdeckung von Wirtschaftsdelikten führen: Sie erhalten zehn bis dreißig Prozent der verhängten Geldstrafen als Belohnung. In der EU-Kommission gilt diese Regelung als ein Modell.
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Gleichwohl wagt sich Edward Snowden, der berühmteste amerikanische Whistleblower, nicht in seine Heimat zurück, weil er sich bedroht sieht. Er hatte die außer Kontrolle geratenen Überwachungspraktiken des Geheimdienstes NSA aufgedeckt. Vor ihm hat Chelsea Manning, vor ihrer Geschlechtsumwandlung noch Bradley Manning, als US-Soldat der Website WikiLeaks Zigtausende geheime Militär- und Diplomatenunterlagen zugespielt. Sie wurde zu 35 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
In beiden Fällen bediente sich der Whistleblower des Internets. Es ist nicht nur eine Technologie der Überwachung, sondern erleichtert zugleich den Gang an die Öffentlichkeit, wenn Missstände aufgedeckt werden müssen. Mit ihm ist eine weltweite Bewegung für mehr Transparenz entstanden. Sie hat eine jahrhundertealte Frage neu aufgeworfen: Welchen Schutz brauchen Geheimnisse ? und welchen die Menschen, die sie verraten?
von Khuê Pham
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