Nach langer geschlossener Beta-Phase kann man jetzt die zweite Version von Microsofts Tiefenkamera und Gestensensor Kinect für Windows kaufen. Ein Massenartikel wird das nicht.
Nach einem Vorlauf von rund einem Jahr ist die zweite Generation der Microsoft-Tiefenkamera Kinect für Windows im Microsoft-Store zu kaufen. Der Sensor kostet dort 200 Euro. In diesem Preis ist die Lizenz enthalten, mit der Windows-Kinect und dem passenden SDK kommerzielle Anwendungen zu entwickeln. Das SDK steht derzeit als Public Preview zum freien Download bereit; eine erste fertige Fassung soll im Lauf des Jahres erscheinen.
Die zweite Auflage des Tiefensensors Kinect für Windows sitzt in einem glatten, kantigen Gehäuse.
Bild: Microsoft Gegenüber ihrer Vorgängerin soll die neue Kinect vor allem mit höherer Auflösung punkten: RGB-Videobilder erfasst sie mit 1080p, die 3D-Auflösung soll 512 × 484 Pixel in x- und y-Richtung betragen. Für die Auflösung in der Tiefe gibt es keine präzisen Angaben, sie soll jedoch ebenfalls feiner sein als zuvor; zudem soll die Kinect weniger Sensorrauschen produzieren. Durch diese leistungsfähigere Hardware soll es Entwicklern möglich sein, differenziertere Informationen über die Szene zu gewinnen, die sich vor dem Sensor abspielt. Anwendungen sollen die Haltung und die Gesten von bis zu sechs Personen vor der Kinect auswerten können, wobei jedes einzelne rekonstruierte Skelett durch bis zu 25 Gelenkpunkte gegliedert werden kann.
Nicht zum Spielen
Eine technische Überraschung ist die „neue“ Kinect allerdings nicht, denn ihre Xbox-Schwester wird bereits seit dem vergangenen Weihnachtsgeschäft mit der Xbox One zusammen verkauft ? zunächst als fester Bestandteil des Geräts, seit kurzem bekommt man die Spielkonsole auch ohne die zugehörige Kinect. Die lässt sich allerdings nicht an einen Windows-PC anschließen, da am Ende des Kabels ein proprietärer Stecker sitzt.
Der Sensor soll Haltungen und Gesten von bis zu sechs Personen mit 25 Gelenkpunkten erfassen.
Bild: Microsoft Das war bei der ersten Kinect-Version anders. 2010 gelang Microsoft damit ein Überraschungserfolg ? wenn auch anders als geplant. Eigentlich war die Tiefenkamera damals ausschließlich zur Gesten-Steuerung von Spielen auf der hauseigenen Konsole Xbox 360 gedacht. Da sie aber über einen üblichen USB-Anschluss verfügte, tauchten schon bald erste inoffizielle Treiber für die Kinect auf, zunächst nur für Linux. Kurz darauf zog der damalige Sensorzulieferer PrimeSense nach und stellte offizielle Treiber zur Verfügung.
Als sich in der Folge Hacker, Bastler wie Forscher auf die Kinect als konkurrenzlos preiswerten 3D-Sensor stürzten, schloss sich auch Microsoft der Bewegung an und kündigte im Februar 2011 die Entwicklung eines eigenen SDK an. Das bekamen Entwickler, die keine kommerziellen Interessen verfolgen, gratis ? die ab 2012 erhältliche offizielle Kinect für Windows hingegen war automatisch an die Lizenz gekoppelt, mit dem SDK kommerzielle Anwendungen entwickeln zu dürfen. Das war auch der einzige Grund für den mehr als doppelt so hohen Preis einer Windows-Kinect verglichen mit dem einer Kinect für die Xbox 360: In beiden Tiefensensoren steckte die nahezu identische Technik.
Dies setzt sich in der zweiten Generation fort: Der Preis für die Windows-Kinect ist wieder doppelt so hoch wie der Preisunterschied zwischen einer Xbox One mit Kinect und einer ohne. Ob sich aber auch die überraschende Erfolgsgeschichte der Ur-Kinect weiter fortsetzt, bleibt abzuwarten. Erste Anwendungen gibt es immerhin schon: Neben einem gestengesteuerten Flugspiel von Disney ist unter anderem auch mit einer neuen Version der 3D-Scan-Anwendung ReconstructMe zu rechnen. (Peter König) / (pek)