Mit den Apps „Math vs. Zombies“ und „Mystery Math Town“ verliert Kopfrechnen seinen Grusel. Das bestätigt unser siebenjähriger App-Tester.
Die Dame in der U-Bahn trägt einen Teufelsdreispitz, neben mir kichern zwei Gespenster. Ein Werbeplakat verspricht wahren Horror. Ausgehöhlte Kürbisse mit Fratzen grinsen überall in der Stadt. Es ist Halloween. Und der Spuk hat auch mein Smartphone erfasst. Jawohl, es gibt nicht nur den Pumpkin Spice Latte bei Starbucks, jenes Heißgetränk für Kürbisliebhaber, bei dem Kaffeefreunde schaudern, sondern auch jahreszeitlich abgestimmte Apps zum Gruseln ? und Lernen.
Mein Sohn ? Verzeihung, es muss derzeit heißen: Raven Ninja ? hat sich für zwei Spiele entschieden, mit denen er Rechnen üben kann. (Zugegeben, so ganz frei war Raven Ninja, der sieben Jahre alt ist und in die zweite Klasse geht, dabei allerdings nicht: Die Auswahl war auf pädagogisch Vertretbares beschränkt.)
Math vs. Zombies klingt vielversprechend (Anbieter: TaptoLearn Software, Preis für die Android-Vollversion: 3,60 Euro, für iOS 4,49 Euro). Als Wissenschaftler bekämpft Raven Ninja nun Zombies, die bedrohlich auf ihn zuschwanken. Über ihren Köpfen schwebt eine Rechenaufgabe. Nur wenn das richtige Ergebnis auf den Zeichentrick-Zombie abgeschossen wird, kann das Monster erlöst werden und wieder zu einem normalen Kind werden. Ein netter Kniff, damit muss man in dem Spiel niemanden „töten“.
Besonders erschreckend sind die Figuren nicht, jedenfalls nicht für Raven Ninja und seine Freunde. Sie haben schon viiiiieeeel Gruseligeres gesehen! Das anschließende mütterliche Kreuzverhör, wo und was sie gesehen haben, verläuft allerdings ergebnislos. Lieber zurück zu Math vs. Zombies: Falsche Ergebnisse kosten den Spieler „Gesundheit“ und Feuerkraft. Auch wer zu langsam ist, verliert. Es gibt drei Schwierigkeitsgrade und für die verschiedenen Rechenarten (Addieren, Subtrahieren, Mulitiplizieren und Dividieren) sechs Level. Wer sie alle schafft, der muss noch das Super-Level bestehen.
Vernichtendes Urteil: „Ist wie in der Schule“
Das Zeitlimit sorgt dabei für, wenn auch begrenzten, Druck. Raven Ninja schlägt sich wacker. „Was passiert eigentlich, wenn der Zombie mich trifft?“, will er wissen. Nichts Dramatisches, wie sich herausstellt. Ein Riss geht durch die Windschutzscheibe unseres Zombiejäger-Gefährts und der Untote ist weg. Raven Ninja ist ein wenig enttäuscht. Irgendwie fehlt danach die Spannung. „Ist wie in der Schule“, urteilt mein Sohn nach zwei Levels. Für ihn macht es kaum einen Unterschied, ob er die Aufgaben auf einem Blatt Papier vorgelegt bekommt, oder sie zu schauriger Musik digital lösen soll.
Nach Meinung von Common Sense Media, einem Verband aus San Francisco, der für Kinderschutz in der digitalen Welt eintritt, hilft Math vs. Zombies Kindern dabei, sich besser zu konzentrieren und Rechenroutine zu erlangen, wenn es auch nicht unbedingt tiefere Mathematikkenntnisse vermittelt.
Mathematik: Gegen Zombies hilft nur Kopfrechnen
Raven Ninja kämpft schon längst bei Halloween-App Nummer zwei: Mystery Math Town (Anbieter: Artgig Apps, Preis: 1,79 Euro, nur für iOS). Angelegt ist das Spiel als Suche: In den Häusern einer bunten kleinen Stadt sind Glühwürmchen in Gläsern gefangen. Ein kleiner Geist will sie befreien ? und der Spieler soll ihm helfen. Die Aufgabe: Der Spieler muss Rechenaufgaben lösen, um Türen zu öffnen und die Glühwürmchen zu finden.
Allein die Optik nimmt ein: Die Grafik ist liebevoll gestaltet. Spaß machen Details, wie schlagende Kuckucksuhren und Lampen, die sich an- und ausknipsen lassen. Selbst die Musik ist dezent und sorgt bei Erwachsenen im Umkreis nicht gleich für Zombiegefühle. Die Spieler sammeln Zahlen, die in den Räumen versteckt sind und müssen sie dann in Formeln eingeben, um ein vorgegebenes Ergebnis zu erhalten. Damit ist Mystery Math Town anspruchsvoller als Math vs. Zombies.
Der Schwierigkeitsgrad lässt sich auf den individuellen Spieler fein abstimmen, die Macher haben eine Elternseite, auf der sie auch offen die Datenschutzfrage erklären (keine Weiterverwendung spezifischer Nutzerdaten, allerdings Analyse anonymisierter Daten). Für jeden Spieler lässt sich ein Avatar anlegen ? auch hier gibt es wieder pfiffige Einfälle. Raven Ninja jedenfalls ist begeistert, so begeistert, dass er mein Telefon mit in die Schule nimmt und seinen Freunden und der Lehrerin vorführt.
Abends bettelt er, ob er noch ein Level spielen darf. Auf jeden Fall will er die Fortsetzung Mystery Math Museum. Was gefällt ihm daran? „Die Suche nach den Glühwürmchen macht es spannend und es gibt Überraschungen.“ Wie die Porträts der Stadtbewohner, die sich mit komischen Einlagen zu Wort melden. Dass mein Sohn dabei ständig kopfrechnet, fällt ihm gar nicht auf. Jetzt brauche ich noch eine App, mit der sich Raven Ninja zu Kürbissuppe bekehren lässt.
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