Aktuelle Nachrichten & Meldungen

Half-Life 2 & Source Engine – Rückblick auf eine Erfolgsgeschichte

Gepostet am Jun 21, 2015

Wenn von Game-Engines die Rede ist, fallen viele Begriffe wie Unreal, Unity, CryEngine oder id Tech. Als Valve im Jahre 2004 mit Half-Life 2 an den Start ging, erblickte auch die Source Engine die Welt und haute jeden Gamer und Journalisten vom Hocker. Die ersten Präsentationen und Gameplay-Eindrücke von Valves hauseigener Engine setzten Maßstäbe und bis heute konnte sich die Source Engine durch stetige Weiterentwicklung weiterhin durchsetzen. Wir werfen einen Blick zurück und zeigen Euch, wie facettenreich eine Game-Engine im Wandel der Zeit werden konnte.

Aller Anfang ist ? umwerfend!

Wir schreiben das Jahr 2003. Half-Life 2 wurde gerade offiziell angekündigt und die Hype-Maschinerie läuft auf Hochtouren. Auf der E3 wird die Power der neuen Engine mit dem Namen Source in einer etwa 20 minütigen Präsentation vor großem Publikum zur Schau gestellt. Im Fokus stehen Terraforming, dynamisches Licht- und Schattenspiel, der Einsatz verschiedenster Materialien wie Wasser, Stein oder Glas und die Havok Physik-Engine, die erstmals bahnbrechende Physik in Videospielen einsetzt. Dieser Mitschnitt der E3-Präsentation stahl damals jedem den Atem. Sowas hat es zuvor noch nie gegeben und obendrein gab es gleich ein paar Gameplay-Szenen aus dem kommenden Half-Life 2, die zwar in dieser Form nicht im fertigen Spiel aufgetaucht sind, aber trotzdem vermittelt haben, worauf man sich wenige Monate darauf freuen durfte.

Half-Life 2 selbst bekam noch auf derselben Messe einen eigenen kurzen Teaser spendiert. In diesem sind, wie in der Source Engine-Präsentation, viele Elemente zu sehen, die der Spieler selbst nie zu Gesicht bekam. Gegnertypen wie die Hydra, ganze Level und auch Waffentypen, fehlten in dem fertigen Meisterwerk. Valve nutzte damals eine sehr intelligente Marketing-Strategie für ihr Baby. Statt wie heute üblich schon 2-3 Jahre vor der Veröffentlichung mit Teasern, Trailern und Ankündigungen um sich zu werfen, wurde der Titel erst auf besagter E3 überhaupt enthüllt und sollte nach nur vier Monaten erhältlich sein. Statt kalkulierten Terminen und PR-Terminen, wollte Valve den Fahrtwind des Hypes nutzen, um Half-Life 2 mit Pauken und Trompeten zu verkaufen. 

Half-Life 2-Messestand auf der E3 2003 in Los Angeles

Valve + leaker = Half-Life 2.5

Wie Ihr bereits oben gelesen habt, sind viele Elemente vorheriger Präsentationen nicht in Half-Life 2 enthalten. Das ist an sich keine Besonderheit. Entwickler ändern häufig vor Fertigstellung einige Elemente wie Charaktermodelle, Level oder Story-Bausteine. Im Falle von Half-Life 2 lag dies allerdings einer eher traurigen Begebenheit zugrunde: Ein deutscher Hacker mit dem Namen Axel ?Ago? Gembe aus dem schönen Schwarzwald verschaffte sich Zugang zu Valves internen Systemen und hatte Zugriff auf sämtliche Dateien. Darunter eben auch der Code von Half-Life 2, den der Hacker kurz darauf im Internet veröffentlichte und alle empfindlichen Daten des Spiels für jedermann preisgab. Valve CEO Gabe Newell erklärte Half-Life 2 durch diesen Vorfall vorerst für tot und kündigte an, den Titel nicht wie geplant nur wenige Monate nach der Enthüllung zu veröffentlichen, sondern ihn mit den bisherigen Elementen neu zu programmieren. Ein neues Veröffentlichungsdatum wurde vorerst nicht genannt. Für Gamer weltweit in großer Schlag in die Magengrube, für Valve ein noch härterer und für Entwickler ein Wachrütteln bezüglich ihrer Sicherheitsmaßnahmen.

Der Hacker Gembe und einige seiner Kollegen, blieben nach diesem Vorfall nicht lange unerkannt. Valve nutzte die Chance und lockte Gembe mit einem falschen Job-Angebot in die USA. Dort sollte der Half-Life 2-Leaker vom FBI gefasst werden und vor dem US-Gericht nach amerikanischem Recht seiner Strafe gerecht werden. Die deutschen Behörden bekamen allerdings Wind von dem Plan und verhafteten Gembe noch auf deutschem Boden. Dieser wurde wegen den Leaks und weiterer Delikte 2006 dem Richter vorgeführt, kam auf Grund seiner schwierigen Kindheit und anderen Punkten mit einer zweijährigen Bewährungsstrafe davon.

Ein Meilenstein erblickt die Welt

38811-half-life-2-windows-front-coverAm 16. November 2004 war es dann soweit! Nach vielem Hin- und Her war Half-Life 2 endlich in den Händlerregalen angekommen und Spieler weltweit stürmten die Läden. Zur Zeit der Veröffentlichung von Half-Life 2 steckte Steam noch in Kinderschuhen und niemand wusste mit diesem neuen Tool so recht etwas anzufangen. Nach dem Hype folgte die erste große Ernüchterung: Um Half-Life 2 zu spielen, war ein Steam-Account Voraussetzung. In der Retail-Version von Gordon Freemans neustem Abenteuer war neben den DVDs auch ein Aktivierungscode enthalten. Wer damals also kein Internet besaß, konnte auch kein Half-Life 2 aktivieren. Was heute Gang und Gebe ist, sorgte im November 2004 für zahlreiche Probleme und Fan-Proteste. Dem Erfolg schmälerte dieser holprige Start dem Titel jedoch nicht. Bekanntermaßen.

Half-Life 2 verkaufte sich wie geschnitten Brot. Die Source Engine konnte ihre Muskeln spielen lassen und fegte damals sämtliche Konkurrenten aus dem Weg. Auch Valves Online-Distribution wurde nach anfänglichen Kritiken nach und nach von Spielern angenommen und ist heute gar nicht mehr wegzudenken. Für Valve ging der Plan nach einigen Startschwierigkeiten voll auf. Die Wertungen schossen durch die Decke, Gordon Freeman und Alyx Vance zierten Magazin-Cover in jedem Land und im nächsten Abschnitt werdet Ihr erfahren, wie die eSport-Szene ebenfalls durch den Erfolg von Half-Life 2 dominiert wurde.

eSport? Was soll das denn sein?

ng_cssDer Begriff eSport war ebenfalls noch nicht in aller Munde wie es heute der Fall ist. Auf GIGA gab es erste Gehversuche, dieses unbekannte Etwas für deutsche Zuschauer begrifflich zu machen. Da dominierten Titel wie StarCraft: Broodwar, WarCraft III und Counter-Strike 1.6 noch die Szene. Letzteres spielte eine entscheidende Rolle bei der Veröffentlichung von Half-Life 2. Denn Counter-Strike 1.6 sollte ausradiert werden. Wie? Neben Half-Life 2 erhielten Käufer zusätzlich das brandneue Counter-Strike: Source. Auf diesem Wege wollte Valve auch in der anbrechenden eSport-Szene Fuß fassen. Counter-Strike: Source sollte Bekanntes mit Neuem vereinen. Kurz nach der Veröffentlichung wurde der Titel in großen Turnieren abgefeiert und um immense Preisgelder gespielt.

ng-hl2dmNeben Counter-Strike: Source gab zwei weitere Mehrspieler-Komponenten, die sich allerdings nie wirklich durchsetzen konnten: Half-Life 2: Deathmath. Im Mehrspieler-Modus des großen Bruders schlugen sich, wie der Name bereits vermuten lässt, die Spieler im Half-Life Szenario die Köpfe ein. Zwei Faktoren dienten als Kernelement: Die Physik-Spielreien dank Havok-Engine und die berüchtigte Gravity-Gun, die gerne genutzt wurde, um feindliche Spieler mit Heizkörpern durch die Gegend zu schleudern. Wie gesagt wurde es schnell still um Half-Life 2: Deathmatch und die Spieler richteten ihre Aufmerksamkeit lieber auf das brandneue Counter-Strike: Source.

bg_dods

Auch Day of Defeat: Source erschien an diesem Tag. Die beliebte Half-Life Mod wurde ebenfalls einer Schönheitskur unterzogen und diente, wie CS:S, in den ersten Monaten als großer Kandidat auf eSport-Events. Das im Zweiten Weltkrieg angesiedelte Spiel ging schnell im Fluss rund um Counter-Strike: Source unter. Vielleicht lag es an der Übermacht des Counter-Strike Titels, vielleicht aber auch an der schon androhenden Übersättigung an Shootern des gleichen Szenarios. Day of Defeat: Source selbst war ein solider Team-Shooter ohne große Markel. Schnelles Gameplay, große Waffenwahl und kleine, flexible Mehrspielerkarten zeichneten den Titel aus. So wie es ein Call of Duty heute tut. Zur falschen Zeit am falschen Ort?

Der schuster bleibt bei seinen leisten

Valve hat im Laufe der vergangenen Jahren eine Vielzahl an Videospielen basierend auf der Source Engine veröffentlicht. Unter den Titeln befinden sich viele Fan-Lieblinge, die auch mit dem ein oder anderen Nachfolger beglückt wurden. Selbstverständlich gehören die beiden Zusatzepisoden von Half-Life 2 ebenfalls dazu. Mit dem Puzzle-Shooter Portal lieferte Valve einen wahren Überraschungshit, dessen Nachfolger mit einem spaßigen Koop-Modus versehen wurde. Auch Team Fortress 2 wird durch Source-Power unterstützt, durch die Fans, wie schon bei Counter-Strike: Source, tausende von selbst erstellten Karten kreieren konnten. Zu den größten Erfolgen gehört unumstritten die Left 4 Dead-Reihe, in der Spieler gemeinsam gegen Horden von Zombies vorgehen und sich der Laune des AI-Directors beugen müssen, der die Massen an Untoten je nach Spielerverhalten aufs Schlachtfeld entlässt.

ngSPEC_games

Auch Counter-Strike: Source blieb nicht lange von der Sequel-Welle verschont und erhielt mit Counter-Strike: Global Offensive im Jahre 2012 eine Generalüberholung. Viele bemängelte Fehler des Vorgängers wurden ausgemerzt, wodurch CS:GO auf deutlich weniger Gegenwind als sein kleiner Bruder gestoßen ist. Ein eSport-Event ohne Counter-Strike: Global Offensive ist nicht mehr wegzudenken. DotA 2, ebenfalls ein großer eSport-Titel, wurde als offizieller Nachfolger der WarCraft III-Mod bei Valve entwickelt und bekommt seine Vitamine gleichermaßen durch die Source Engine.


Source Engine für Alle!

Die Source Engine blieb allerdings kein Baby für Valve allein. Entwickler weltweit konnten sich an der Engine bedienen und zauberten über die vergangen Jahre hinweg, Spiele die in sämtliche Genres einschlugen. Ähnlich wie die Unreal Engine, war die Source Engine für den Nutzer einfach zu bedienen. Mit Hilfe des Hammer Editors, war es für den geübten Mapper ein Leichtes, kreative Level zu gestalten. Die Flut an Custom Maps für beispielsweise Counter-Strike: Source bricht bis Heute nicht ab. Andere Entwicklerschmieden haben sich die Source Engine allerdings für weitaus mehr zu Nutze gemacht. Viele AAA-Titel wurden auf Basis der Source Engine in den nächsten Jahren veröffentlicht. Die herausstechendsten schauen wir uns nun mal an:

Vampire: The Masquerade ? Bloodlines (2004)

Es ist der alte Krieg der seit Jahrtausenden tobt: Welche ist die dominierende Rasse? Der Mensch, der Vampir oder der Werwolf. Der Spieler bastelt sich zu Anfang seinen eigenen Charakter zusammen und wird genau in diesen Krieg geworfen. Vampire: The Masquerade ? Bloodlines überlässt dem Zocker völlige Freiheit bei der Wahl seines Werdegangs, der Erkundung der Umgebung und dem Fortschreiten des eigenen Charakters. Leider war der Titel nach dem Release so dermaßen verbuggt, dass die Wertungen sehr zwiespaltig waren und Fans noch bis Heute an Community-Patches arbeiten.

SiN Episodes (2006)

SiN Episodes ist das Paradebeispiel einer verkorksten Spieleentwicklung. Geplant als Trilogie, erschien im Jahre 2006 lediglich die erste Episode, welche von Kritiken nur mäßig bewertet wurde. Inhaltlich bot SiN Episodes wenig neue Shooter-Kost, da Gameplay und Handlung einen auf Dauer nicht fesseln konnte. An bestimmten Punkten der Handlung konnten wichtige Entscheidungen gefällt werden, die sich auf zukünftige Episoden ausgewirkt hätten. Daraus wurde bekanntermaßen leider nichts.

Auf technischer Seite konnte Entwickler Ritual Entertainment neue Elemente in die Source Engine bringen. Ähnlich wie beim Grusel-Shooter F.E.A.R., passte sich der Schwierigkeitsgrad dem eigenen Spielverhalten an. Zudem fügten die Entwickler einen Code ein, der erlaubte das Objekte aus mehr als einem Material bestehen können. Ein Auto zum Beispiel, war nicht wie bisher trotz aller Komponenten zu 100% aus Stahl, sondern enthielt durch Glasscheiben und Reifen weitere Eigenschaften, die sich auf auf die Physik ausgewirkt haben.

Dark Messiah of Might and Magic (2006)

Dark Messiah of Might and Magic war einer der ersten Source Engine-Titel, die einen völlig neuen Ansatz versucht haben. Angesiedelt in einem klassischen Rollenspiel-Szenario, stapft Ihr als Held durch eine von Orks dominierte Welt und setzt neben dem Schwertkampf auch ein großes Arsenal an Zauberkräften ein. So wurde der Boden unter dem Gegner kurzerhand mit einer Eisschicht versehen um ihm die Standhaftigkeit zu nehmen, bloß um ihn mit einem darauffolgenden Schwerthieb ins virtuelle Nirvana zu schicken. Eine interessante Story, der sehr gute Einsatz der Source Engine und viele abwechslungsreiche Schauplätze, machten Dark Messiah of Might and Magic zu einem Top-Titel, der durchaus einen Nachfolger verdient hätte.

Titanfall (2014)

Der letzte große Titel der von der facettenreichen Source Engine Gebrauch machte, war das Erstlingswerk von Respawn Entertainment mit dem Namen Titanfall. Als Call of Duty-Killer angekündigt, erschien der Titel im letzten Jahr für PC und Xbox One. Nach dem anfänglichen Hype verschwand der Mehrspieler-Shooter leider schnell in der Versenkung. Bombastische Kämpfe in den titelgebenden Titans zwischen Bots und anderen Spielern, führten zu schnellen Häuserkämpfen die auf allen Ebenen der Karten ausgetragen wurden. Ein Nachfolger ist laut Respawn bereits in der Entwicklung. Eine Ankündigung blieb aber bisher noch aus. Wir sind gespannt was aus dem Universum noch rauszukitzeln ist.

Was bringt die Zukunft?

An diesem Punkt ist es eigentlich unnötig zu sagen, aber? Half-Life 3 anyone? Die Entwicklung dieses Spiels nimmt beinahe karikaturistische Züge einer Duke Nukem Forever-Entwicklung an. Fans schwanken zwischen Hoffnung, Trauer und Verzweiflung, sobald der Titel Half-Life 3 in irgendeiner Form erwähnt wird. Abwarten und Tee trinken, mehr bleibt vorerst wohl nicht übrig. Ein andere Nachfolger ist indes bestätigt. Nämlich die der Source Engine. Source 2, so bisher der Name, ist durch viele Quellen durchgesickert und soll das kreative Level seines Nachfolgers in allen Belangen nochmal toppen. Bisher ist nicht bekannt, welche Titel auf Basis von Source 2 entwickelt werden. Vermutlich werden wir Gordon Freeman und Co in einem Nachfolger, dessen Grundlage die Source 2-Engine ist, wiedersehen.

Gerüchten zu Folge soll auch an Left 4 Dead bereits fleißig gewerkelt werden. Da sich Valve mit Sequels die mit der Ziffer 3 enden schwer tut, heißt es auch hier vorerst: Schauen was die Zeit bringt. Einzig DotA 2 soll offiziell zumindest in Teilen durch Mechaniken der Source 2 unterstützt werden. In welcher Form dies zu tragen kommt, ist jedoch nicht 100%ig durchsichtig und vermutlich nur für Programmierer interessant.

source-logo

Ihr seht, Half-Life 2 und seine Source Engine haben einen langen Weg hinter sich. Mal war es holprig, mal von vielen Erfolgen gekrönt. Der Einfluss den sich Valve damit gesichert hat, ist bis heute zu verspüren. In einem furiosen Marsch hat die Spieleschmiede einen der einflussreichsten Shooter auf den Markt gebracht, eine Game-Engine programmiert die weltweit hohes Ansehen genießt und mit Steam eine Plattform etabliert, die nicht mehr wegzudenken ist. Wir ziehen den Hut und sagen mit vollem Stolz: Danke Valve. Weiter so!

The post Half-Life 2 & Source Engine ? Rückblick auf eine Erfolgsgeschichte appeared first on Next Gamer.

boni Weitere Boni

passend zum Thema