Der Bundesrat will, dass Betreiber öffentlicher WLAN-Netzwerke ein weiterreichendes Haftungsprivileg erhalten, ähnlich wie Internet Service Provider, die auch nicht für Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer haftbar gemacht werden können. Der derzeitige Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Reform des Telemediengesetzes geht der Länderkammer nicht weit genug, er würde die Probleme vergleichsweise weniger öffentlicher WLAN-Hotspots in Deutschland nicht beheben.
Mehrere Bundesländer, darunter Nordrhein-Westfalen, Thüringen und auch Rheinland-Pfalz, hatten in den Ausschussberatungen entsprechende Änderungen an dem umstrittenen Entwurf gefordert. Den Anträgen der Länder folgte jetzt die Mehrheit des Bundesrates im Wesentlichen.
Angemessene Sicherungsmaßnahmen nicht zumutbar
Eine Verpflichtung der Betreiber offener Netzwerke, „angemessene Sicherungsmaßnahmen“ wie die Verschlüsselung des Netzwerkes vorzunehmen, soll es nach dem Willen des Bundesrats nicht geben: „Wenn die Verbreitung öffentlicher WLAN-Hotspots erhöht werden soll, kann nicht zwischen unberechtigten und berechtigten Zugriffen unterschieden werden. Ein öffentlicher WLAN-Hotspot richtet sich an die nicht näher eingegrenzte Öffentlichkeit. Von der Verbreitung öffentlicher WLAN-Hotspots sind keine nachteiligen Effekte auf die Strafverfolgung zu erwarten“, heißt es im Antrag der Länder.
Die Begründung basiert auf Praxiserfahrungen: Bei den von Kabel Deutschland betriebenen öffentlichen Hotspots habe es von 2012 bis Anfang 2015 keine IP-Adressabfragen wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen gegeben. Ein weiterreichender Antrag des Landes Thüringen, der eine vollständige Gleichsetzung der Privilegien von ISPs mit Betreibern aller Art, ob privat oder gesetzlich, forderte, fand allerdings keine Mehrheit.
Vermutungsregel als Gefahr für Medien- und Meinungsfreiheit
Der Bundesrat spricht sich zudem dafür aus, die geplante „Vermutungsregel“ zu streichen. Diese würde die Haftungsregeln für „gefahrengeneigte Dienste“ wie Filehoster verschärfen. Der Bundesrat sieht in den geplanten Regelungen eine Einschränkung der Medien- und Meinungsfreiheit.
Ebenfalls in der heutigen Sitzung beschloss der Bundesrat, dass Bestands- und Nutzungsdaten von Telemedienanbietern auch zur „Durchsetzung von Persönlichkeitsrechten“ herausgegeben werden sollten. Damit könnten Auskunftsansprüche wegen Mobbings oder Hetze in sozialen Netzwerken wie Facebook bearbeitet werden.
Jetzt ist der Bundestag am Zug, über das Gesetz zu beraten. Der Bundesrat ist nicht zustimmungspflichtig, könnte eine Regelung also nicht verhindern. Zumindest verzögern könnte die Länderkammer des Parlaments das Gesetz aber, wenn die Abgeordneten den Einwänden nicht folgen würden. Alle Anträge finden sich in der Beschlussempfehlung der Ausschüsse.