Der Streaming-Dienst Popcorn Time greift Apple und Netflix an, die neuen Folgen von „Game of Thrones“ werden geleakt. Beides setzt die Unterhaltungsindustrie unter Druck.
Zehn Monate mussten die Serienfans warten. Jetzt können sie wieder eintauchen in die Fantasy-Welt von Game of Thrones. Mit dem Start der fünften Staffel besteht mehr denn je Gefahr, in sozialen Netzwerken über Spoiler zu stolpern. Denn bereits einen Tag vor der Premiere tauchten in illegalen Tauschbörsen im Netz die ersten vier Folgen auf. Der Sender HBO bestätigte, dass offenbar ein Rezensionsexemplar geleakt wurde. Die ungeduldigen Fans sind somit all denen um Wochen voraus, die artig auf die Ausstrahlung im Fernsehen warten.
Die zweite große Nachricht aus der Filesharing-Szene betrifft die Streaming-App Popcorn Time. Die schleicht sich nämlich jetzt über Umwege auf iOS-Geräte und sagt ebenso Apple wie auch der Unterhaltungsindustrie den Kampf an. Auf den ersten Blick scheinen Game of Thrones und Popcorn Time wenig miteinander zu tun zu haben. Doch beide machen die Spannungen deutlich, die zwischen Streaming-Anbietern, Filesharing und Nutzern bestehen. Sie zeigen auch, dass eine möglichst zeitnahe Ausstrahlung in vielen Ländern kein Allheilmittel gegen den Datentausch im Netz ist.
Das „Netflix für Piraten“
Popcorn Time ist eine unrühmliche Erfolgsgeschichte. Prinzipiell steckt dahinter eine legale Open-Source-Software, die das Streamen von Filmen über das BitTorrent-Protokoll ermöglicht. Anders als bei Angeboten wie kinox.to sind die Filme nicht zentral bei einem Filehoster gespeichert, sondern werden in vielen kleinen Bauteilen von den Rechnern aller Nutzer zusammengetragen. Das macht den Dienst schnell, zuverlässig ? und schwierig abzuschalten.
Den ursprünglichen Code für Popcorn Time hat angeblich „eine Gruppe Startup-Geeks aus Buenos Aires“ geschrieben. Es sei ein Spaß gewesen, der gleichzeitig der Unterhaltungsindustrie ihre Probleme aufzeigen sollte, heißt es in einem Blogbeitrag der mutmaßlichen Entwickler. Bereits im März vergangenen Jahres beendete die Gruppe das Projekt. Auch auf Druck der Behörden, wie sich im Verlauf des Sony-Hacks herausstellte. Da der Quellcode frei verfügbar ist, sind seit dem Sommer mehrere Ableger entstanden. Auch wenn sie teilweise andere Versionen der Software nutzen, bezeichnen sie sich als eine Community, die gemeinsam an Popcorn Time arbeitet.
Oberflächlich betrachtet sind die Seiten kaum von legalen Angeboten zu unterscheiden, weshalb Popcorn Time oft als „Netflix für Piraten“ bezeichnet wird. Haben sie den entsprechenden Client installiert, können die Nutzer auf der Website aus vielen aktuellen Filmen und Serien ? darunter natürlich auch Game of Thrones ? auswählen, die anschließend gestreamt werden. Die Websites enthalten keine oder kaum Werbung, sind schlicht und elegant gehalten und unterstreichen damit den Eindruck eines legalen Dienstes.
Natürlich kann Popcorn Time für das Streamen legaler Inhalte verwendet werden, doch der Großteil des Angebots besteht aus urheberrechtlich geschütztem Material. Weil über BitTorrent jeder Nutzer die Filme nicht nur ansieht, sondern im Hintergrund auch wieder mit anderen Menschen teilt, warnen die Anwälte deshalb vor der Nutzung des Dienstes. Erste Abmahnwellen in Deutschland gab es bereits.
Popcorn Time sagt Apple den Kampf an
Die Nutzer weltweit scheint die Gefahr der Strafverfolgung aber nicht zu stören. Seit vergangenem Sommer erfreut sich Popcorn Time zunehmender Beliebtheit. Entsprechend selbstbewusst zeigen sich die Entwickler in einem Video zum einjährigen Jubiläum. Darin heißt es, frei nach Fight Club: „Die erste Regel von Popcorn Time lautet: Sprich über Popcorn Time.“
Jetzt wollen die Entwickler vermehrt Apple-Nutzer für den Dienst gewinnen, obwohl es ihre App nicht im offiziellen App Store gibt und diese auch keine Chance hätte, von Apple akzeptiert zu werden. Seit vergangenem Herbst benötigen iPhone- oder iPad-Besitzer einen Jailbreak ihres Geräts, um die App trotzdem installieren zu können. Ein neuer Installer für Windows, den die Popcorn-Time-Macher vor wenigen Tagen veröffentlichten, soll das umgehen. Wie Wired schreibt, bedienen sich die Entwickler offenbar einer Schnittstelle, die Unternehmen ermöglicht, Apps auf Firmengeräte zu installieren, ohne den Code vorab Apple zeigen zu müssen.
Experten warnen vor dem Schritt: Generell ist es nicht empfohlen, fremde und ungeprüfte Software auf seinem Smartphone zu installieren. Anders sehen es die Entwickler: „Wir ziehen in den Krieg gegen Apple und seinen Walled Garden„, zitiert Wired einen anonymen Unterstützer. „Wir glauben nicht an Apples totalitäres Regime, das uns vorschreibt, was wir installieren können und was nicht“, heißt es bei Motherboard. Die Ansagen sind ungewohnt forsch für einen Dienst, der sich in der Vergangenheit eher in Zurückhaltung übte.
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