Aktuelle Nachrichten & Meldungen

Apple: Erwarten Sie kein zweites 2007!

Gepostet am Aug 31, 2014

Wenn Apple jetzt das iPhone 6 vorstellt, werden viele enttäuscht sein. Wie jedes Jahr nach 2007. Ein Video von damals hilft, die eigenen Erwartungen zu kalibrieren.

Apple: Erwarten Sie kein zweites 2007!

Ein iPhone der ersten Generation (Archivbild von 2007)  |  © REUTERS/Kimberly White

Am 9. September wird Apple aller Voraussicht nach das iPhone 6 vorstellen. Für Apple wird es das großartigste, erstaunlichste, fantastischste Smartphone der Welt sein, für viele Apple-Fans auch. Viele Journalisten, Analysten und Technikbegeisterte aber werden enttäuscht sein, weil das iPhone 6 letztlich auch nur ein Smartphone ist und einfach nur größer, leistungsfähiger und ein bisschen mehr von allem als das iPhone 5. Diese Reaktion ist so vorhersehbar geworden wie die Prognose, dass Apple auch mit dem neuen iPhone Milliarden verdienen wird.

Was an jenem Tag sichtbar werden wird, sind die verschiedenen Zeitebenen, in denen die Fachwelt, die Kunden, aber auch Apple selbst gleichzeitig leben.

Anzeige

Es ist gerade einmal siebeneinhalb Jahre her, da stellte Steve Jobs das erste iPhone vor. Die Videoaufzeichnung der Präsentation ist ein geradezu historisches Dokument. Sie zeigt einen Mann, der vor Stolz und Glück fast platzt, weil er genau weiß, dass er gerade im Begriff ist, die Welt zu verändern.

Es macht großen Spaß, sich den Auftritt von Jobs anzusehen. Es erinnert daran, wie anders die Welt im Jahr 2007 noch war. „Heute stellen wir drei revolutionäre Produkte vor“, sagt der damalige Apple-CEO zu Beginn. „Das erste ist ein iPod mit großem Bildschirm und Touchcontrol. Das zweite ist ein revolutionäres Mobiltelefon. Das dritte ist ein bahnbrechendes Internet-Kommunikationsgerät.“ Er wiederholt das mehrfach, hinter ihm verschmelzen die drei Symbole für die drei Geräte zu einem einzigen Symbol mit drei Seiten. „Versteht ihr?“ ruft Jobs. „Das sind nicht drei einzelne Geräte. Es ist ein Gerät! Und wir nennen es iPhone.“ Man glaubt fast, dem Publikum während des Erkenntnisprozesses zusehen zu können, den es in diesem Moment durchläuft: Dieses Gerät wird alles verändern.

Dabei war das iPhone bei Weitem nicht das erste Smartphone. Aber die Gestensteuerung per Multitouch, der erste echte Internetbrowser für Mobiltelefone, die Einbindung von Google Maps und ein Jahr später die Eröffnung des App Stores haben das Konzept so populär gemacht, dass es die Kommunikationskultur umgewälzt hat. Das Internet wurde mobil, allgegenwärtig. Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Medien ? sie alle sind bis heute schwer damit beschäftigt, sich darauf einzustellen. Das iPhone ist das Symbol für diese Entwicklung.

In den vergangenen Jahren wurden Smartphones weiterentwickelt, bekamen neue Fähigkeiten, wurden leistungsfähiger und ersetzten nach und nach ganze Geräteklassen. Diesen Moment aber: „Versteht ihr? Es ist ein Gerät!“ gab es nicht wieder.

Apple versucht bis heute, von diesem Moment zu zehren, es lebt in gewisser Weise immer noch im Jahr 2007. Das Unternehmen inszeniert jede weitere iPhone-Vorstellung wie die erste. Kein Wunder, dass manche Zuschauer hinterher enttäuscht sind. Da hilft es auch nicht, die Selbstbeweihräucherung bis ins Lächerliche auszudehnen: Steve Jobs verwendete 2007 acht Mal das Wort great, um das iPhone anzupreisen, und sechs Mal das Wort incredible. Sein Nachfolger Tim Cook und dessen Mitarbeiter brauchten bei der Vorstellung von iPhone 5S und 5C im vergangenen Jahr mehr als 40 greats und gut und gerne 20 incredibles. Aber auch noch so viele incredibles machen aus einem iPhone 5S kein revolutionäres Ding.

Auf der anderen Seite erleben die Menschen derzeit eine Entwicklung der Kommunikations-, Computer-, Internet- und Sensortechnik, die zu rasant vonstatten geht, um sie noch in Gänze überblicken zu können. Dass sie noch vor acht Jahren in einer Welt lebten, in der sie sich nur sitzend ins Internet begeben konnten, verschwimmt. Das muss doch länger her sein!

So rechnen sie jederzeit mit einem zweiten 2007, obwohl oder gerade weil ­das erste noch heute nachwirkt. Die Revolution von damals ist noch längst nicht abgeschlossen. Die nächste kommt bestimmt, aber sie wird vermutlich nicht iPhone X heißen. Schauen Sie sich das Video von der ersten iPhone-Präsentation an. Dann werden Sie verstehen: Wir leben in faszinierenden Zeiten. Aber 2014 kann nur ein 2007 S werden.

Hier. Neu im Netz

passend zum Thema